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Im Kanton Zürich in der Schweiz sind zwei Kläranlagen in die Jahre gekommen und müssen modernisiert werden. Die Ingenieure der Hunziker Betatech AG erhielten den Auftrag, beide Anlagen an einem Standort zusammenzuführen.
Die besondere Herausforderung: begrenzte Baufläche, dreifache Klärleistung, neue Umweltgesetze und Umbau im laufenden Betrieb. Eine Aufgabe, die sich nur mit digitalen Planungstools realisieren lässt.
Limitierte Baufläche
Zweckverband ARA Zimmerberg
In bester Lage am Ufer des Zürichsees leben über 60.000 Einwohner in den Gemeinden Horgen, Oberrieden, Rüschlikon und Thalwil. Bisher sorgten zwei Anlagen in Horgen und Thalwil für die Abwasserreinigung. Nach etwa 50 Jahren in Betrieb müssen beide nun saniert werden, damit sie dem künftigen Bevölkerungswachstum und einer nachhaltigen Zukunftsstrategie standhalten können.
Der Zweckverband ARA Zimmerberg beschloss, am Standort Thalwil eine Großanlage planen zu lassen, die 800 Liter Abwasser pro Sekunde von bis zu 78.000 Einwohnern reinigen können soll. Was etwa der prognostizierten Belastung im Jahr 2050 entspricht.
Mit der Planung des Anlagenbaus wurde das Ingenieurbüro Hunziker Betatech AG beauftragt. Für die Machbarkeitsstudie setzte das Projektteam auf die digitale Modellierung mit BIM.
Die größte Herausforderung für die Planer von Hunziker Betatech war es, den Anlagenbau auf engster Baufläche zu realisieren, da die Baufläche für die ARA Zimmerberg von allen Seiten begrenzt ist: durch Anwohner, Bahngleise und den Zürichsee.
Gleichzeitig sollte die Leistung der Anlage verdreifacht werden (Zusammenschluss und jeweilige Kapazitätsreserve bis Ausbauziel). Außerdem erfordert eine neue Gewässerschutzverordnung eine weitere Reinigungsstufe. Da das Wasser an den Zürichsee abgegeben wird, sieht die neue Verordnung eine zusätzliche Elimination von Mikroverunreinigungen wie Medikamentenrückstände vor. Mit dem gewählten Verfahren können auch Viren zurückgehalten werden.
Der Bauablauf selbst wird besonders anspruchsvoll, denn er muss bei laufendem Betrieb der ARA Thalwil erfolgen. Dazu planten die Ingenieure den komplexen Bauablauf mit dem Einsatz von Provisorien. Die Bauinstallationsfläche soll auf einer speziellen Plattform oberhalb der Seestraße errichtet werden.
„Ohne den Einsatz von digitalen Lösungen hätte sich dieses Projekt nicht realisieren lassen. Mit klassischen 2D-Planungsmethoden wäre es unmöglich gewesen, dieses Klärwerk zu planen und langfristig zu bauen. Nur mit digitalen 3D-Planungstools gelingt es uns, jeden Zentimeter der Baufläche effizient zu nutzen und alle technischen und gesetzlichen Anforderungen integrieren zu können,“ erklärt Dominik Börrnert, Geschäftsbereichsleiter Tiefbau und Verantwortlicher Digitale Planung bei Hunziker Betatech.
Die Aufnahmen der Bestandsgebäude übernahmen die Ingenieure über 3D-Scan mit Recap in Revit. Die Planung der Architektur und des TGA-Modells erfolgte in Revit, die Planung der Baugrube mit Civil 3D, Plant 3D wurde für das Verfahrensmodell verwendet und für die Faultürme wurde eine CFD-Simulation erstellt.
Auch auf die Bedürfnisse der Anwohner achten die Ingenieure. Mit einem Schattengutachten stellten sie sicher, dass die angrenzenden Grundstücke durch den Neubau nicht auf Tageslicht und Seeblick verzichten müssen. Durch die geplante Überdachung und Abluftreinigung über Biofilter entstehen keine Lärm- und Geruchsemissionen. Und damit das Gebäude nicht als Kläranlage zu erkennen ist, wurde die Fassade mit Schweizer Holz gestaltet und fügt sich damit unauffällig in die Umgebung ein.
Mit Revit und BIM konnten alle Projektbeteiligten die verschiedenen Baustufen und Planungsschichten besser im Blick behalten. Eine intensive Zusammenarbeit aller Gewerke war aufgrund der limitierten Baufläche sehr wichtig.
Die Modelle wurden über BIM 360 zur Verfügung gestellt, zum Teil mit dem Einsatz von VR-Brillen. So hatten vom Hoch- und Tiefbau, Anlagenbau, Elektrotechnik, bis hin zu Bauherrn und Betreiber oder auch die angrenzende Nachbarschaft alle eine einheitliche Sicht auf die Pläne.
Das hat nicht nur Zeit gespart, sondern war vor allem für den geplanten Umbau bei laufendem Betrieb entscheidend.
„Über 300 Koordinationsaufgaben konnten wir durch die Kollaboration mit BIM 360 gemeinsam lösen. Ein Teil davon wäre wohl sonst erst während der Bauphase sichtbar geworden.“ - Dominik Börrnert, Verantwortlicher Digitale Planung, Hunziker Betatech AG
1Die Machbarkeit des komplexen Bauprojektes ließ sich nur mit digitaler 3D-Planung nachweisen.
2Über 300 Koordinationsaufgaben wurden durch Kollaboration mit BIM 360 und dem Einsatz von VR-Technologie vor Baubeginn gelöst.
388 Prozent Erreichungsgrad erzielte das Projekt beim "Standard für Nachhaltiges Bauen Schweiz" - dank Digitalisierung und Kollaboration aller Gewerke.
Durch den Einsatz digitaler Planungswerkzeuge ist es den Ingenieuren von Hunziker Betatech gelungen, die technisch anspruchsvollen Herausforderungen zu meistern: limitierte Baufläche, mehr Leistung, Umbau im laufenden Betrieb, neue Umweltgesetze, nachhaltiger Infrastrukturbau.
Entstanden ist ein Modell der modernsten und nachhaltigsten Anlage der Schweiz, deren Kombination aller Energiequellen einzigartig ist. Der Baubeginn ist für 2022 geplant, die Inbetriebnahme der ARA Zimmerberg für 2027.
Das neu eingesetzte Membranverfahren erlaubt eine sehr kompakte Bauweise und erreicht gleichzeitig eine erweiterte Reinigungsleistung. Statt der üblichen 54 Quadratmeter pro Einwohner ist der Raumbedarf auf 19 Quadratmeter pro Einwohner gesunken.
Durch die Filtration im Ultrafiltrationsbereich (bis 0.04 µm) werden künftig auch Viren aus dem Abwasser entfernt (z.B. Größe von Coronavirus: 0.12 bis 0.16 µm). Zusätzlich lassen sich über 80 Prozent der organischen Spurenstoffe mit Pulveraktivkohle-Direktdosierung (4. Reinigungsstufe) eliminieren.
Das innovative Energiekonzept nutzt alle verfügbaren Energien. Durch den Einsatz von Turbinen und einer Photovoltaikanlage produziert die Anlage ökologischen Strom. Das anfallende Klärgas wird zu Biogas aufbereitet und in das örtliche Gasnetz geleitet. Dadurch wird das energetische Potenzial des Klärgases voll ausgeschöpft. Es werden ca. 0,55 GWh/a eingesetzt, was die Emissionen aus fossilen Brennstoffen im Einzugsgebiet um 170 Tonnen CO2 pro Jahr reduziert. Die Prozesswärme wird aus dem gereinigten Abwasser gewonnen.
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